Freitag, 15. Mai 2009

Vorruhestand – nicht immer die beste Lösung

Politiker sind keine geeigneten Kandidaten für die Abteilung Strategische Planung. Dafür ist ihr Horizont in den meisten Fällen zu kurzfristig ausgerichtet. Das mag ein Grund dafür sein, dass seit geraumer Zeit wieder öffentlich über den Vorruhestand nachgedacht wird. Entgegen ursprünglicher Absichten soll nun die Regelung zur Altersteilzeit nochmals verlängert werden. Das setzt falsche Signale, wie alle Subventionen, die Marktgesetze aushebeln.

Um Kosten zu senken werden nunmehr ältere Arbeitnehmer in den (Vor-) Ruhestand verabschiedet. Das ist fatal in Unternehmen, in denen ohnehin schon die Altersbalance aus den Fugen geraten ist. Dies ist kurzsichtig in einer alternden Gesellschaft, in der heute bereits erfahrene Kräfte Mangelware geworden sind.

Unternehmen setzen kurzsichtig wertvolles Wissen frei, das sie später teuer als Berater und Projektmanager zurückholen müssen.

Dieses Geld wäre sinnvoller in Weiterbildung und eine vernünftige Gesundheitsvorsorge investiert. Der Mensch wäre beschäftigt, nach Wunsch und entsprechend seinen körperlich-geistigen Fähigkeiten vielleicht nicht mehr in Vollzeit eingesetzt, aber das Wissen, die Kontakte blieben erhalten.

Junge Kräfte wollen (und sollen) so früh wie möglich Verantwortung übernehmen. Aber Führungskräfte müssen reifen können. Junger Wein ist spritzig, lebendig, mit angenehmer Säure, aber bedarf der Zeit bis zur vollen Reife. Der Weinkenner mag entgegnen, jeder Wein habe seine Zeit verkostet zu werden und alter Wein verlöre im Laufe der Zeit, zumindest bei falscher Lagerung. Einverstanden. Aber gut ausgebaut und gut gelagert kann Qualität nur gewinnen und mit Dauer zu Spitzenqualitäten reifen.

Das gilt für Nachwuchskräfte ebenso. Die Alterspyramiden vieler Betriebe zeigen ein deutliches Übergewicht junger Kräfte. Manche Betriebe haben auf der ausführenden und der mittleren Managementebene keine unter 50-jährigen mehr. Dies kann ins Auge gehen. In vielen Situationen zählt auch die Lebenserfahrung. Hier kann eine ausgewogene Altersstruktur sowohl für jugendliche Dynamik und Innovation als auch für seniore Abgeklärtheit einen deutlichen Wettbewerbsvorteil bedeuten.

Um nicht missverstanden zu werden: auch und gerade von älteren Arbeitnehmern erwarte ich eine Aufgeschlossenheit gegenüber gesellschaftlichen und technischen Entwicklungen. Stillstand ist immer Rückschritt. Was seit 30 Jahren gut gelaufen ist, muss nicht für die nächsten 30 Jahre geeignet sein. Das Argument „Das haben wir schon immer so gemacht.“ hält selten einer strengeren Kontrolle stand. In den meisten Fällen gibt es bessere Lösungen.

Jeder Wein ist ein Individualist. Das gilt ebenso für Menschen. Ältere Mitarbeiter, die im Geiste jung und beweglich geblieben sind, können für das betriebliche Geschehen nur eine Bereicherung sein.
Mehr zu diesem Thema auf meinen Seiten im Internet unter dem Stichwort Personalentwicklung (ManagementBriefe Nr. 42 – 46).