Dienstag, 3. Februar 2009

Einzelhandel – zwischen Professionalität und Ignoranz

Die Unterschiede sind überraschend groß im stationären Einzelhandel.

Das gibt es das Geschäft, das sie betreten und wieder verlassen können ohne eine einzige Verkäuferseele in Ihrer unmittelbaren Nähe gespürt oder gar gesehen zu haben. Merkwürdigerweise haben viele dieser Kaste Mensch Angst vor dem Kontakt mit ihren Artgenossen, vor allem wenn sie als Kunde kommen. Oder sie sind derart beschäftigt, dass sie gar nicht bemerken können, dass sie mit ein wenig Zutun für ihren eigenen Unterhalt zukunftssichernd tätig werden könnten. Eine kleine Typologie des Verkäufer folgt im Anschluss an diese Gedanken.

Stellen Sie sich einmal vor, Sie suchen an einem Samstagnachmittag in einem großen und mehrstöckigen Waren- oder Kaufhaus einen Artikel, den sie nur unzureichend beschreiben können. Sie sprechen eine x-beliebige Verkäuferin an. Diese macht sich am Bildschirm auf die Suche, wird fündig, nimmt Sie (bildlich gesehen) an der Hand und führt Sie ein Stockwerk tiefer direkt vor die Auslage mit besagtem Artikel. Ich gebe zu, die Art und Weise beeindruckt mich noch heute und ist Maßstab für meine Beurteilungen in anderen Kauf- und Warenhäusern.

Geschehen ist dies im Kölner Olivandenhof. Dort siedelt seit 2006 in einem eindrucksvollen Ambiente die Filiale von Globetrotter. Es ist eine Erlebniswelt für sich, ein geschlossenes und überzeugendes Konzept rund um den Reisebedarf und jeglicher sportlicher Betätigung in der Natur, auf 7000 qm.

Was diese und auch andere Filialen auszeichnet, ist die Art des Personals: geschult, hilfsbereit, freundlich. Und erfahren. Bei zahlreichen Besuchen hatte ich immer den Eindruck, fachkompetent beraten zu werden. Und wenn es sich zuhause herausstellen sollte, dass man doch noch nicht endgültig zufrieden ist .... ein Umtausch ist selbstverständlich. Übrigens betrifft das nicht nur den stationären, sondern auch den Versandhändler. Alles schnell, zuverlässig, gut kommuniziert. Bei Globetrotter versteht man sein Handwerk. Und der Kunde dankt es. Es gibt anscheinend nur wenige ruhige Stunden in einer Woche, in denen es – zumindest im Olivandenhof – etwas beschaulicher zugeht.


Eine kleine Typologie des Verkäufers (nicht nur im Textilhandel)

Typ 1 ist nicht aufzufinden.
Typ 2 ist mit wichtigeren Dingen beschäftigt wie Sortieren und Einräumen.
Typ 3 kümmert sich intensiv um ein gutes Betriebsklima, in dem er oder sie sich mit Kollegen fachlich austauscht. Besonders starke Mitarbeiter (Verkäufer kann man sie nicht nennen) lassen sich selbst von einer Frage des Kunden nicht im Gespräch stören.
Typ 4 ist zur Stelle, wenn der Talon am Kaufbeleg abgerissen werden muss und dem Kunden der Weg zur Kasse zu zeigen ist. Merke: nur so gibt es Erfolgsbeteiligung. Verdient oder eher unverdient.
Typ 5 ist der „Anti-Multi-Tasker“, kann sich nur um einen Kunden zur gleichen Zeit kümmern (aber immerhin), übrigens auch noch nach dem eigentlichen Kaufakt weiß er um die Bedeutung eines intensiven „After-Sales“-Gespräches.
Typ 6 kommt weiter unten an die Reihe.
Typ 7 ist der unumstrittene Herrscher seines Reviers. Der Kunde ist noch nicht angekommen, da wird er schon erobert. Es gilt schließlich zu verkaufen, egal ob es passt oder nicht. Wie eine Klette klebt er am Kunden. Dem Kunden ist das unangenehm, der Verkäufer merkt es gar nicht.

Typ 6 – mein Idealtyp: Der Verkäufer hat seine Abteilung im Blick und im Griff, ist an vielen Stellen gleichzeitig, wieselt zwischen Regalen und Galerien hin und her, kennt sein Sortiment, hat ein Auge für seinen Kunden, dessen Geschmack, zeigt sich diskret und zurückhaltend, aber anwesend und jederzeit ansprechbar. Bleibt auch bei schwierigen und wählerischen Kunden ruhig und besonnen. Ihn kann nichts aus der Ruhe bringen, auch der stärkste Andrang nicht. Ach ja. Ein schöner Traum. Aber es gibt ihn tatsächlich noch. Nur leider viel zu wenig. Ihm oder ihr möchte ich gerne alle meine Talons bringen. Sie oder er hat es einfach verdient.

Eine Glosse gefällig über den Kunden als ewigen Querulanten? Zu finden unter den Publikationen bei
www.audit-consulting.de (Managementbrief Nr. 21).